Zweifel an Krankschreibung: Was tun, wenn Arbeitgeber misstrauisch werden?
Zweifel an einer Krankschreibung gehören zu den häufigsten Konfliktthemen im Arbeitsverhältnis. Zwar gilt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) als starkes Beweismittel, doch unter bestimmten Umständen dürfen Arbeitgeber sie infrage stellen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann Zweifel an der Krankschreibung zulässig sind, wie die Rechtsprechung damit umgeht und worauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber achten sollten.

Rechtlicher Rahmen: Wann sind Zweifel an Krankschreibung möglich?
Grundsätzlich ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) ein anerkannter Nachweis für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.
Allerdings verliert sie ihren Beweiswert, wenn Arbeitgeber begründete Zweifel an der Krankschreibung haben. Diese Zweifel müssen auf konkreten Anhaltspunkten beruhen – reine Vermutungen reichen nicht aus.
Typische Fälle, in denen Zweifel an der Krankschreibung entstehen
Zweifel an Krankschreibungen treten häufig auf, wenn:
- Die AU genau mit einer Kündigungsfrist zusammenfällt.
- Eine Krankmeldung kurz vor Urlaubsbeginn oder nach Streitigkeiten im Betrieb erfolgt.
- Die Krankheit vorab angekündigt wurde.
- Der Arbeitnehmer trotz AU eine Nebentätigkeit aufnimmt.
- Der ausstellende Arzt für fragwürdige Attestierungen bekannt ist.
In solchen Fällen ist der Arbeitgeber berechtigt, die Beweiskraft der AU zu hinterfragen und ggf. eine medizinische Überprüfung zu veranlassen.
Zweifel an Krankschreibung vor Gericht: Ein Blick auf die Rechtsprechung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 8. September 2021 (Az. 5 AZR 149/21) klargestellt:
Wenn der Arbeitgeber nachvollziehbare Indizien liefert, kann die AU ihren Beweiswert verlieren. Dann muss der Arbeitnehmer selbst beweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig war.
Ein weiteres Beispiel: Im Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 8. März 2023 trat ein Mitarbeiter nach Krankschreibung direkt eine neue Stelle an.
Trotz erheblicher Zweifel an der Krankschreibung hatte der Arbeitgeber keine ausreichenden Beweise – die Klage wurde abgewiesen.
Was Arbeitnehmer bei Zweifeln an der Krankschreibung beachten sollten
- Melden Sie Ihre Erkrankung rechtzeitig und formgerecht.
- Reichen Sie die Krankschreibung fristgerecht ein.
- Bewahren Sie Zusatznachweise auf (z. B. Arztberichte, Medikamente, Termine).
- Bleiben Sie kooperativ, falls Ihre Krankschreibung angezweifelt wird.
- Ziehen Sie rechtliche Beratung hinzu, wenn der Arbeitgeber Konsequenzen androht.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber bei Verdacht auf Missbrauch
- Dokumentieren Sie wiederholte oder auffällige Krankmeldungen sorgfältig.
- Ziehen Sie bei ernsthaften Zweifeln den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (§ 275 SGB V) hinzu.
- Kommunizieren Sie transparent mit dem Mitarbeiter – vermeiden Sie vorschnelle Vorwürfe.
- Holen Sie juristischen Rat ein, bevor Sie kündigen oder Zahlungen zurückhalten.
Fazit: Zweifel an Krankschreibung müssen gut begründet sein
Eine Krankschreibung hat rechtlich hohes Gewicht – dennoch kann sie in bestimmten Fällen angezweifelt werden.
Ob Zweifel an der Krankschreibung zulässig sind, hängt immer vom Einzelfall ab. Arbeitgeber müssen Indizien sorgfältig dokumentieren, Arbeitnehmer sollten auf transparente Kommunikation setzen.
Unsere Empfehlung: Lassen Sie sich frühzeitig beraten, um arbeitsrechtliche Risiken zu vermeiden – egal, ob Sie betroffen sind oder Zweifel haben.
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