Die Digitalisierung hält zunehmend Einzug in das Gesundheitswesen und beeinflusst auch das Verfahren der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Moderne Technologien ermöglichen es, Krankmeldungen digital zu erfassen und an den Arbeitgeber zu übermitteln. Doch stellt sich die Frage, inwieweit eine solche elektronische Krankschreibung rechtlich bindend ist und ob Arbeitgeber diese Form der Krankmeldung akzeptieren müssen.

Die digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Funktionsweise und Vorteile

Die Einführung digitaler Krankschreibungen bringt zahlreiche Erleichterungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit sich. Arbeitnehmer können ihre Krankmeldung ohne physischen Arztbesuch über telemedizinische Dienste erhalten. Diese elektronische Bescheinigung wird dann direkt an die zuständige Krankenkasse sowie an den Arbeitgeber weitergeleitet, wodurch sich administrative Prozesse erheblich beschleunigen. Die wichtigsten Vorteile dieser digitalen Lösung sind:

  • Zeitersparnis: Die Notwendigkeit, eine Papierbescheinigung postalisch oder persönlich beim Arbeitgeber einzureichen, entfällt.
  • Effizienzsteigerung: Durch die automatische Übermittlung wird der Verwaltungsaufwand minimiert.
  • Sicherheit: Digitale Übertragungsverfahren reduzieren das Risiko von Verlusten oder Manipulationen der Krankmeldung.
  • Umweltfreundlichkeit: Der Verzicht auf Papierbescheinigungen fördert nachhaltige Unternehmensprozesse.

Gesetzliche Grundlagen: Verpflichtung zur Akzeptanz digitaler Krankschreibungen

Die rechtliche Situation hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Seit dem 1. Januar 2023 sind Arbeitgeber nach § 5 Abs. 1a Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) dazu verpflichtet, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) anzuerkennen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer seine Krankschreibung nicht mehr selbst an den Arbeitgeber übermitteln muss, sondern die Meldung direkt von der Krankenkasse erfolgt.

Der gesetzliche Rahmen zur digitalen Krankmeldung umfasst:

  • Elektronische Übermittlungspflicht: Krankenkassen sind verpflichtet, dem Arbeitgeber die notwendigen Informationen zur Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bereitzustellen.
  • Gleichstellung mit Papierbescheinigungen: Digitale Krankmeldungen haben die gleiche rechtliche Wirkung wie herkömmliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Papierform.
  • Datenschutzanforderungen: Die Verarbeitung und Übermittlung dieser sensiblen Gesundheitsdaten unterliegt den Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Sozialgesetzbuchs (SGB).

Herausforderungen und rechtliche Unsicherheiten

Trotz der gesetzlichen Verpflichtung zur Akzeptanz digitaler Krankschreibungen bestehen in der Praxis noch einige Unsicherheiten und Herausforderungen:

  • Technische Störungen: Systemausfälle oder Verzögerungen in der Übermittlung können dazu führen, dass Arbeitgeber die Krankmeldung nicht rechtzeitig erhalten.
  • Skepsis gegenüber telemedizinischen Diagnosen: Manche Arbeitgeber hinterfragen die Verbindlichkeit von Krankschreibungen, die über Online-Apps oder Telemedizin-Plattformen ausgestellt werden, insbesondere wenn die Diagnose ohne persönliche Untersuchung erfolgt.
  • Datensicherheit und Missbrauchsrisiken: Die digitale Übertragung personenbezogener Gesundheitsdaten erfordert hohe Sicherheitsstandards, um den Schutz der Informationen zu gewährleisten.

Die Rolle von Krankmeldungs-Apps

Verschiedene Anbieter wie TeleClinic oder AU-Schein haben sich auf digitale Krankschreibungen spezialisiert. Diese Apps ermöglichen es Patienten, ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über ein Online-Formular oder ein Video-Interview mit einem Arzt zu erhalten. Die Vorteile solcher Anwendungen liegen in der Schnelligkeit und dem Komfort für den Nutzer.

Allerdings ist es entscheidend, zwischen der gesetzlichen eAU und einer Krankschreibung aus einer App zu differenzieren. Während erstere direkt über die Krankenkassen an den Arbeitgeber weitergeleitet wird, müssen App-basierte Krankschreibungen unter Umständen noch manuell übermittelt werden. Arbeitgeber sollten daher sorgfältig prüfen, ob die jeweilige Anwendung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Fazit und Ausblick

Die digitale Krankschreibung ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer effizienteren und moderneren Verwaltung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Die rechtliche Verpflichtung zur Akzeptanz der eAU hat die Weichen für eine weitreichende Digitalisierung dieses Prozesses gestellt. Dennoch bestehen weiterhin Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der technischen Umsetzung und der Akzeptanz seitens der Arbeitgeber.

In Zukunft wird es darauf ankommen, klare Regelungen für den Umgang mit telemedizinischen Krankschreibungen zu schaffen und die technische Infrastruktur weiter zu optimieren. Unternehmen, die sich frühzeitig mit den neuen digitalen Prozessen vertraut machen, können von einer effizienteren Verwaltung und reibungsloseren Abläufen profitieren. Gleichzeitig bleibt es für Arbeitnehmer wichtig, sich über ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit digitalen Krankmeldungen zu informieren, um arbeitsrechtliche Konflikte zu vermeiden.

Sollten Sie Fragen oder Anregungen zu arbeitsrechtlichen Angelegenheiten haben, können Sie sich gerne an unsere Rechtsanwaltskanzlei in Leipzig Böhlitz-Ehrenberg/Leutzsch wenden.


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